125 Jahre Kirchenchor Zu den Hl. Schutzengeln in Oppum – eine lebendige Tradition voller Klang und Gemeinschaft
Seit 125 Jahren erklingt in unserer Gemeinde der Kirchenchor – ein musikalisches Herzstück, das weit mehr ist als nur Gesang. Dieses Jubiläum steht für ein Achteljahrtausend gelebte Tradition, kulturelles Engagement und soziale Verbundenheit. Seine Geschichte erzählt von der Entwicklung der Gemeinde und dem unermüdlichen Einsatz vieler Menschen, die über Jahrzehnte hinweg Musik und Zusammenhalt gepflegt haben.
Gleich nach Gründung eines Männerchores am 11.11.1900 stürzten sich die 24 Herren, unterstützt von 13 passiven Mitgliedern, in die Organisation. Die Gaststätte Vennemann stellte den Probenraum, ein gut ausgebildeter KOCh (Küster, Organist, Chorleiter) fand sich Ende Januar 1901 in dem erst 20-jährigen Josef Brem, der dieses Amt 44 Jahre lang mit großem Engagement versah. Da das Klavier fehlte, begleitete er den Chor Jahre lang auf der Geige. Eine Anzahl Sänger wurde in Instrumentalmusik ausgebildet für ein Ensemble mit Blas- und Streichinstrumenten. Man dachte schon früh an den Nachwuchs und gründete einen Knabenchor als „natürliche Ergänzung zum Männerchor“. Aus den Mitgliedern des Chores entstand ein kleiner Kreis von Theaterfreunden, die die Gemeinde bei festlichen Veranstaltungen mit Humor und Gesang unterhielten. 1902 fand das erste Cäcilienfest, damals noch Stiftungsfest genannt, statt, an dem die ganze Pfarre teilnahm. Zur großen Freude des Chores erklang ab 1905 eine Orgel in der Kirche. Als 1908 der Michaelssaal fertiggestellt war und als Probenraum diente, wäre das Glück perfekt gewesen, wenn doch nur die Heizung im Winter so funktioniert hätte, wie sie sollte.
Doch Glück währt nicht ewig! Der 1. Weltkrieg brach herein, der Chorgesang musste unterbrochen werden, weil die Männer eingezogen wurden. Nach dem Ende mussten neue Sänger gefunden werden. Mit großem Erfolg „erfolgte die Werbung durch die Pfarrgeistlichkeit von der Kanzel.“ Doch der Knabenchor konnte nicht weitergeführt werden. Dies und vermutlich auch der Wunsch der Oppumerinnen führte dazu, dass 1919 ein Frauenchor gegründet wurde. Denn die Satzung des Männerchores ließ die Aufnahme von Frauen nicht zu. Aber das Dekret des Papstes Pius X. von 1903, das vorschrieb, dass für Sopran- und Altstimmen ausschließlich Knaben eingesetzt werden dürfen, wurde umgangen durch die Einsicht, dass „mit Recht dort eine Ausnahme gilt, wo die Knabenstimmen nicht ausreichen.“ Die beiden Chöre werden wohl als ein gemeinsamer Chor gesungen haben. Denn in der Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum heißt es: „Am 2. Januar 1921 unternahm der Herrenchor in Verbindung mit dem Damenchor eine Konzertreise nach Rheindahlen, bei der der Chor die 4stimmige Messe von Haller vortrug.“ Vereint wurden die beiden Chöre zum Pfarr-Cäcilienchor 1949.
Der 2. Weltkrieg hatte den Chorgesang fast verstummen lassen, die Kirche war bei einem Bombenangriff zerstört worden. Doch schon am 12. November 1950 wurde das wieder aufgebaute Gotteshaus in einem feierlichen Pontifikalamt eingeweiht. Nach Jahren des Behelfs konnte der Chor wieder von der Orgelempore in einem großen Kirchenraum die „Dreikönigenmesse“ von Koenen erklingen lassen und gebührend sein 50-jähriges Jubelfest feiern.
1953 übernahm, nachdem ab 1945 vier Chorleiter den Chor jeweils nur kurzfristig dirigiert hatten, der erst 20-jährige Peter Wehnen den mittlerweile auf 80 Sänger und Sängerinnen angewachsenen Chor. Mit viel Arbeitsaufwand – durchschnittlich 45 Probenabende bei bis zu 30 Auftritten pro Jahr – betrieb er die Einstudierung neuer lateinischer Messen und Motetten sowie deutscher Gesänge. Ein besonderes Anliegen war ihm die Choralarbeit mit den Herren des Chores. Auch kam die Gemütlichkeit nicht zu kurz, sei es bei Ständchen für Jubilare des Chores, bei dem regelmäßigen gemütliche Beisammensein nach den Proben einmal im Monat, beim einmal im Jahr stattfindenden Cäcilienfest, das mit Musik und Tanz, Tombola und lustigen Vorträgen begangen wurde, Chorausflügen, und den Chorwochenenden, an denen intensive neue Werke einstudiert werden, Veranstaltungen, die mit großem Engagement von den jeweiligen Vorständen organisiert wurden und noch werden. Zum Gelingen trugen und tragen auch die passiven Mitglieder durch ihre finanzielle Unterstützung bei.
Nach 42 Jahren verdienter Tätigkeit übergab Peter Wehnen die Leitung des Chores 1994 an Christoph Scholz, einem A-Musiker und Absolventen der Folkwangschule Essen, an den und seine neuen Methoden sich der Chor gewöhnen musste. Die damit verbundene Umstellung führte auch dazu, dass einige altgediente Sängerinnen und Sänger den Zeitpunkt wählten, um ihre aktive Tätigkeit im Chor aufzugeben. Erfreulicherweise traten in dieser Zeit neue, meist deutlich jüngere Sänger und Sängerinnen dem Chor bei, die die Abgänge kompensierten, sodass der Chor das Versprechen des neuen Chorleiters, innerhalb kurzer Zeit ein großes Werk in einem Konzert aufzuführen, erfüllen: Zum 100-jährigen Chorjubiläum wurde die Schöpfung von Haydn dargeboten, unterstützt vom Kirchenchor aus Velbert, eine Zusammenarbeit, die sich wiederholte.
Der größten Herausforderung der letzten Jahre musste sich der Chor 2020 stellen. Corona war ausgebrochen, Singen in Gemeinschaft verboten. Als das Leben wieder seinen normalen Lauf nahm, beendeten einige Sänger und Sängerinnen altersbedingt ihre aktive Zeit im Chor, ohne dass frische Kräfte die Lücken füllten. Insbesondere fehlten die Männerstimmen. Da der Chor so nicht mehr singfähig war, organisierte Christoph eine Zusammenarbeit mit dem Fischelner Kirchenchor, die vor dem gleichen Problem standen. Mittlerweile werden alle Proben und Auftritte gemeinsam durchgeführt und man darf gespannt sein, wie sich diese Zusammenarbeit weiterentwickelt.
Redaktion:
Walter Wienen
